So nutzt du Zitrusfrüchte im Winter therapeutisch richtig
Wenn die Zitrusfrüchte im Herbst und Winter in heißen Ländern reifen, steigt das Angebot an Orangen, Mandarinen und Grapefruits in unseren heimischen Supermärkten markant an. Warum finden Zitrusfrüchte im Winter so reißenden Absatz bei uns, obwohl sie von weit her importiert werden müssen?
Das liegt vor allem daran, dass wir im Winter, um die Abwehrkräfte zu stärken, vermehrt Vitamin C brauchen. Dieses kommt in vielen Gemüsesorten vor, wie etwa Kraut, Kohl, Brokkoli, Paprika aber auch in Früchten wie Hagebutte, Sanddorn und Zitrusfrüchten.
Da in der westlichen Ernährungslehre vor allem die Wirkung der Inhaltsstoffe zählt, gelten Orangen, Mandarinen und Grapefruits als gesund und vitaminreich. Weil Orangen und Mandarinen nicht nur Kindern besser schmecken als Kraut und Brokkoli, kommen sie bei uns im Winter gerne zum Einsatz.
In der Ernährungslehre der Traditionellen Chinesischen Medizin wird die Wirkung der Nahrungsmittel nach dem Geschmack und der Temperatur qualifiziert und somit ergibt sich für den Einsatz von Zitrusfrüchten ein differenziertes Bild.
Zitrusfrüchte gelten in der chinesischen Medizin als Yin Tonikum, da sie kühlend und erfrischend wirken. Der saure Geschmack zieht zusammen und bewahrt den Körper bei Hitze vor Säfteverlust durch übermäßiges Schwitzen.
Die chinesische Ernährungslehre unterscheidet die Wirkung der einzelnen Früchte und kennt spezielle Anwendungen für die Frucht und die Schale.
Mandarinen:
In der chinesischen Medizin wird vor allem die Mandarinenschale zu Therapiezwecken eingesetzt. Der innere weiche Teil der Mandarinenschale, das Mandarinennetz (Juhong) wirkt etwas scharf, bitter und wärmend. Es trocknet Feuchtigkeit und reguliert die Mitte und damit die Verdauung. Außerdem wirkt es gegen Brechreiz und löst Husten mit Schleim.
Die getrocknete Mandarinenschale (Chenpi) wirkt ebenfalls bitter, scharf und wärmend. Sie trocknet Feuchtigkeit und transformiert Schleim, sowohl in der Lunge als auch im mittleren Erwärmen. Sie reguliert die Mitte und verbessert die Transportfunktion der Milz. Sie hilft Stagnation vorzubeugen.
Es lohnt sich Biomandarinen zu kaufen und das feine weiße Netz, gemeinsam mit der Schale zu trocknen und fein zu vermahlen. Ich füge dieses aromatisch duftende Gewürz zu meinem Frühstückbrei oder zu Kuchenmischungen hinzu, um Feuchtigkeit auszugleichen.
Das Fruchtfleisch von Mandarinen wirkt kühlend und ist vom Geschmack her süß und sauer. Es nährt die Säfte, besänftigt Hitze und nährt vor allem das Lungen Yin, was bei trockenem Husten Erleichterung verschafft.
Kontraindikation: Bei Schleimproblematik und Kälte sollte das Fruchtfleisch nicht eingenommen werden. Es würde die Symptome eines wässrigen Fließschnupfens nur noch verstärken.
Orangen:
Die Orangenschale wirkt ebenfalls bitter, scharf und leicht wärmend. Sie wird zum Aromatisieren von Speisen verwendet und wirkt Qi bewegend.
Das Fruchtfleisch der Orange wirkt süß, sauer und kühlend. Die Orange wirkt ebenfalls gegen Hitze und Feuer. Sie tonisiert vor allem das Lungen Yin, aber auch das Leber Yin. Sie wird bei trockenem Husten, Säftemangel, Mundtrockenheit, aber auch bei Brechreiz und Appetitlosigkeit eingesetzt.
Um oben genannte Beschwerden zu lindern, empfiehlt ein chinesisches Rezept aus dem Jahr 974 aus dem Arzneibuch „Drogenkunde zur Kaibao-Regierungsdevise“ das Fruchtfleisch von 2 Orangen mit beliebig viel Salz und Honig abzukochen und zu verzehren (1).
Mein Rezept für den Winter ist ein Trockenfrüchtekompott, in dem Rosinen, getrocknete Marillen, Zwetschken und Gojibeeren in Orangensaft, der mit Zimt und abgeriebener Orangenschale gewürzt wird, gekocht werden. Dieses Kompott passt sehr gut zu Polenta, Hirse, Couscous oder anderen Porridgevarianten, die etwas trockener sind. Hier findest du mein Rezept zum Download.
Kontraindikation: Wenn du unter innerer Kälte, wässrigem Schnupfen oder Schleim, Yin Fülle mit viel Feuchtigkeit, empfindlichen Magenschleimhäuten oder Histaminintoleranz leidest, ist der Verzehr von rohen Orangen oder Zubereitungen mit Orangen nicht empfehlenswert.
Zitronen:
Die Zitronenschale ist bitter, scharf und bewegend. Sie wird zum Aromatisieren von Speisen verwendet und gegen Qi Stagnation eingesetzt.
Zitronensaft wirkt sauer und kühlend. Er kühlt Hitze und wird daher bei Magen Feuer und Blut Hitze eingesetzt. Zitrone stärkt die Abwehrkräfte und vermehrt und bewahrt Yin und die Säfte. Zitronensaft wirkt günstig bei Entzündungen des Rachens, der Mandeln und bei Magen- und Darmentzündungen.
Kontraindikation: Wer unter innerer Kälte, erhöhter Magensäure oder Histaminintoleranz leidet, sollte Zitronensaft meiden.
Zitronen werden therapeutisch entweder gemeinsam mit Zucker oder mit Salz zubereitet. Im eingesalzenen Zustand wirken Zitronen, gegen Schleim Hitze, also wenn sich zäher Schleim in der Lunge festgesetzt hat und nicht abgehustet werden kann.
Die Zubereitung von Zitronen mit Zuckerrohrsaft oder Honig wirkt Säfte aufbauend und beruhigt den Magen. Sie empfiehlt sich auch nach übermäßigem Alkoholgenuss, um den Durst zu stillen, Toxine auszuleiten und den Brechreiz zu lindern.
Die therapeutische Anwendung von Zitronensaft in Verbindung mit Koffein ist ein bewährtes Mittel gegen Kopfweh und leichte Migräne. Eine halbe Zitrone in einen Espresso gepresst, fördert die Ausschüttung von Botenstoffen zur Schmerzbekämpfung.
Zusammenfassung: Therapeutische Wirkung von Zitrusfrüchten nach TCM:
Für alle 3 Zitrusfrüchte gilt, dass das Fruchtfleisch und der daraus gewonnene Saft kühlend, erfrischend, Säfte bildend und Yin nährend wirkt.
Verwende sie also, wenn du unter Hitze und Trockenheit leidest oder unter Yin und Säftemangel. Bei Trockenheit in der Lunge, trockenem Husten und Husten mit zähem Schleim, sind Zitrusfrüchte sehr hilfreich, um Beschwerden zu lindern. Die Schalen von Zitrusfrüchten haben sich zur Vorbeugung von Qi Stau bewährt und wirken gegen Feuchtigkeit im Mittleren Erwärmer.
Kontraindikationen:
Wenn du unter Kälte leidest und es zusätzlich draußen kalt ist, sind Zitrusfrüchte und der daraus gewonnene Saft für dich nicht günstig. Sie fördern Kälte im Verdauungstrakt und führen zu Feuchtigkeitsansammlungen in Milz und Magen. Solltest du unter einer Erkältung mit viel wässrigem Sekret leiden, sind Zitrusfrüchte auch nicht geeignet, um die Beschwerden zu stoppen. Der saure Geschmack von Zitrusfrüchten ist außerdem problematisch, wenn du unter schmerzhaften Krämpfen wie etwa im Unterleib während der Menstruation leidest, da sauer zusammenzieht und festhält.
Kalter Orangensaft, vor allem in der Früh, ist für die meisten von uns im Winter nicht förderlich.
Verwende im Winter den Saft von Zitrusfrüchten in erwärmter Form, wie etwa zum Verfeinern von warmen Getränken. Zitrusfrüchte eignen sich wunderbar zum Würzen und abschmecken, da sie die anderen Geschmacksrichtungen ausbalancieren. Vor allem beim Abschmecken von Suppen sind Orangen- und Zitronensaft, wichtige Zutaten, um den Geschmack abzurunden.
Quellen:
(1): Engelhardt/Hempen: Chinesische Diätetik, 3. Auflage, 2006, Urban & Fischer Verlag, Elsevier GmbH., München
Florian Ploberger: Westliche und traditionell chinesische Heilkräuter, 1. Auflage, 2006, Urban & Fischer Verlag, Elsevier GmbH., München
Stefan Englert: Checkliste Chinesische Diätetik, 2011, Karl F. Haug Verlag, Stuttgart